Das Internationale Musikfest Hamburg geht dieses Jahr in die zweite Runde. Vom 21. April bis zum 22. Mai 2016 präsentieren nationale und internationale Stars zahlreiche Konzerte – von Klassik über Jazz bis Popmusik ist für jeden etwas dabei. Seine erfolgreiche Prämiere feierte das Musikfest Hamburg im Mai 2014. Unter dem Motto „Verführung“ verwandelte sich die Hansestadt in eine strahlende Festivalstadt und sprach über die Stammkunden der Laeiszhalle hinaus ein breites musikinteressiertes Publikum an. Nach einem Jahr Pause haben sich nun erneut Musikinstitutionen, Konzertveranstalter und Orchester zusammengetan und ein abwechslungsreiches Programm entworfen, um in Hamburg einen Monat voller musikalischer Highlights zu zelebrieren. Wichtige Akzente setzen dabei Thomas Hengelbrock, Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters, und Kent Negano, Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Hamburger Staatsoper.
Das Motto beim Musikfest Hamburg: Freiheit
In diesem Jahr steht das Musikfest Hamburg unter einem Motto, das aktueller nicht sein könnte: Freiheit. Schon die 1948 verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte versteht diese als ein Grundrecht aller Personen: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Trotz der Selbstverständlichkeit, die dieses Thema für viele Menschen hat, zeigt uns das derzeitige Weltgeschehen eindrücklich, wie schnell dieses Recht verloren gehen kann. Wie bedeutsam dieses Thema ist, kann auch der 1. Artikel der Erklärung der Menschenrechte nicht erfassen. Die Musik hat die Kraft, dort anzusetzen, wo Worte versagen und thematisiert und fordert Freiheit seit jeher. Die Programmschwerpunkte drehen sich in der Freien und Hansestadt Hamburg in diesem Jahr um dieses Thema und setzen ein Zeichen. Es geht um viel mehr, als der Musik eine Bühne zu bieten.
Thomas Hengelbrock
Thomas Hengelbrock wurde am 09. Juni 1958 in Wilhelmshaven geboren. Auf sein Studium der Violine folgte eine Karriere als Violinist. Besonders prägend für seine künstlerische Entwicklung waren Assistenztätigkeiten bei Antal Doráti, Witold Lutosławski und Mauricio Kagel. Nachdem er in verschiedenen Ensembles musizierte, war er 1985 Mitbegründer des Freiburger Barockorchesters, in dem er bis 1997 nicht nur als Musiker, sondern auch als Dirigent tätig war. In den 90er Jahren gründete Hengelbrock den Balthasar-Neumann-Chor und das gleichnamige Orchester. Mit beiden Ensembles führt er Werke von Barock bis Moderne auf. Als Spezialist der historischen Aufführpraxis trug er maßgeblich dazu bei, das Musizieren auf Originalinstrumenten im deutschen Konzertleben zu etablieren. Durch seine unkonventionellen und vielfältigen Konzeptionen überrascht Hengelbrock immer wieder mit ungewöhnlichen und innovativen Projekten und bezieht für diese auch neue Erkenntnisse der Musikwissenschaft mit ein. Als Konzert- und Operndirigent ist er international angesehen und zum Beispiel regelmäßig am Teatro Real Madrid oder in der Opéra in Paris zu Gast. Sein Repertoire umfasst ein breites Spektrum von Barock bis zur zeitgenössischen Musik. In szenischen und genreverbindenen Projekten vereinigt er Musik auch mit Literatur, Schauspiel und Tanz. Besonders in der Musikvermittlung ist der Violinist und Dirigent sehr engagiert und erhielt dafür 2015 den Herbert von Karajan Musikpreis. Seit 2011 ist Thomas Hengelbrock Chefdirigent des ehemaligen NDR Sinfonieorchesters – dem zukünftigen Residenzorchester der Elbphilharmonie.
Kent Nagano
Kent Nagano ist am 22. November 1951 im kalifornischen Berkeley zur Welt gekommen. Er besitzt japanische Wurzeln und wurde schon früh an die Musik herangeführt: statt Fernseher oder Stereoanlage gab es Zuhause nur ein Klavier. Mit seiner Familie musizierte er in jungen Jahren Zuhause und erhielt außerdem Musikunterricht in der Schule. Bereits mit acht Jahren dirigierte er den Kirchenchor. Nagano studierte Soziologie und Musik und dirigierte nebenbei an der Universität die Werke seiner Kommilitonen. Als Korrepetitor ging er nach seinem Studium an die Oper in Boston. International bekannt wurde er, nachdem Olivier Messiaen ihn 1984 für die Uraufführung seiner Oper „Saint François d’Assise“ dem Dirigenten Seiji Ozawa als Assistenten empfahl. Von dem Jahr an dirigierte Nagano das Bostoner Sinfonie-Orchester und wurde einige Jahre später musikalischer Leiter der Opéra National de Lyon. Seit 2015 ist er Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Hamburger Staatsoper. Vorher war er als Generalmusikdirektor der Bayrischen Staatsoper tätig. Er ist außerdem Music Director des Orchestre symphonique de Montréal. Als ein herausragender Dirigent unserer Zeit ist Nagano regelmäßig als Gastdirigent bei den angesehensten Orchestern der Welt zu sehen. Neben der Traditionspflege versucht er durch innovative Programme, auch junge Menschen für Klassik und Moderne zu begeistern. Dem Dirigenten liegt besonders die musikalische Nachwuchsförderung am Herzen. Er ist von der Kraft der Kultivation durch das Musizieren überzeugt, da er diese in seiner Kindheit selbst erlebt hat.
Das Programm des Musikfest Hamburg
Eröffnet wird das Musikfest mit einer neuen Lesart von Bachs „Matthäuspassion.“ Zu weiteren „in Szene gesetzten“ Produktionen gehören Henry Purcells „Dido und Aeneas“ und Leonard Bernsteins „Candide“. Ein besonderes Highlight ist die Konzertperformance „Bye Bye Beethoven!“, insziniert von der Geigerin Patricia Kopatchinskaja und dem Mahler Chamber Orchestra, die Hörgewohnheiten auf den Kopf stellt.
Die Reihe „Überlebensmusik“ spielt Werke, welche politische Diktatur genauso überdauert haben wie Haft und Konzentrationslager und ruft diese zurück in die Erinnerung. Das Musikfest widmet diese Kammerkonzertreihe Komponisten wie Erwin Schulhoff oder Gideon Klein, die in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermodert wurden. Die Werke werden von außergewöhnlichen Solisten wie Carolin Widman, Tanja Tetzlaff oder Lavel Haas Quartet interpretiert.
Dem Hamburger Komponisten wird das letzte Wochenende des Musikfest Hamburg gewidmet. Alle vier Sinfonien werden von Thomas Hengelbrock an einem Tag aufgeführt, ebenso erklingt das Doppelkonzert und das Deutsche Requiem sowie einige weitere große Werke.
Neben den klassischen Konzerten wird es auch eine Reihe an Popkonzerten während des Internationalen Musikfestivals in Hamburg geben. Eine Nightline verwandelt die Laeiszhalle abends in einen Club. Dubstep-Pionier Jamie Woon oder Techno-Musiker Pantha du Prince sind mit von der Party, der Künstler Felix Kubin hat eine eigene Performance für das Musikfest kreiert. Im Haus 73 lädt der italienische Pianist Marino Formenti zum „Open House“ ein: er wird eine Woche lange mit diversen Musikern künstlerisch arbeiten – Mitmachen erwünscht!
Das Abaton-Kino präsentiert passend zum Motto des Musikfestes „Freiheit“ einige thematisch abgestimmte und international ausgezeichnete Produktionen. Zur Filmreihe gehören unter anderem „Victoria“ oder „Das Tagebuch der Anne Frank“.
Neben den zahlreichen Konzerten gibt es besondere Konzerteinführungen, Podiumsdiskussionen und eine Filmreihe im Abaton-Kino. Das Internationale Musikfest Hamburg wird feierlich mit Beethovens 9. Sinfonie schließen – zu Ehren des österreichischen Dirigenten und Pioniers der historischen Aufführungspraxis Nikolaus Harnoncourt, der sich vor kurzem aus dem Konzertleben zurückzog.
Das komplette Programm des Internationalen Musikfest Hamburg finden Sie hier.